65% sagen Ja zu einem Kopftuchverbot in Heerbrugg
65% sagen Ja zu einem Kopftuchverbot in Heerbrugg

Wenig überraschend hat das Au-Heerbrugger Stimmvolk dem von der SVP initiierten Referendum über den Kopftuch-Artikel in der lokalen Schulordnung zugestimmt und damit das erst letztes Jahr durch die Schulleitung gestrichene Hijab-Verbot über die Urne wieder in die Schule zurückgebracht.

Kommuniqué 09022014-0084

Das Abstimmungsresultat ändert allerdings nichts an der bestehenden Rechtslage, wonach das Kopftuch von Schülerinnen durch die in der Verfassung garantierte Religionsfreiheit geschützt wird – SVP-Zwängerei hin – oder her. Sollte die Schule im Nachgang an die Abstimmung erneut auf Durchsetzung des Kopftuchverbots insistieren, hätte das darauffolgende Einspracheverfahren gemäss aktueller Rechtspraxis des St. Galler Verwaltungsgerichts ohnehin aufschiebende Wirkung.
Der Islamische Zentralrat unterstützt die betroffenen Schülerinnen uneingeschränkt, sollte ein Einspracheverfahren nötig werden.

SVP-Zwängerei gefährdet Rechtsgleichheit

Der Islamische Zentralrat beurteilt die Au-Heerbrugger Abstimmung als weiteres SVP-Vehikel in einer Serie von islamophoben Angriffen gegen die Schweizer Muslime. Nachdem die SVP in allen Kantonen auf der parlamentarischen Gesetzgebungsebene mit der Forderung nach einem Kopftuchverbot gescheitert war, versucht sie nun wie einst bei den Minaretten das Stimmvolk gegen das Kopftuch ins Feld zu führen – unglücklicherweise mit Erfolg.

Dabei besteht die Gefahr, dass erneut verfassungsmässige Rechte einseitig für Muslime eingeschränkt werden und das durch die weit verbreitete Islamophobie subjektive Gefühl einer eigentlichen Rechtsungleichheit zunehmend objektiv fassbar wird. Dies ist Teil einer gefährlichen SVP-Strategie, die das Ziel verfolgt, Muslime systematisch aus der Gesellschaft auszugrenzen

Hijab ist kein religiöses Symbol

Tatsächlich ist der islamische Hijab anders als ein Kreuz, Davidstern oder ein Halbmond kein religiöses Symbol. Der Hijab ist vielmehr integraler Bestandteil des islamischen Kultus. Alle sunnitischen- wie schiitischen Rechtsschulen erachten das Tragen eines «Kopftuches» für Frauen ab der Pubertät als religiöse Individualpflicht. Ob ein freier Mensch Glaubenspflichten, die in keinster Weise in Widerspruch zur Rechtsordnung stehen, nachkommt oder sie vernachlässigt, darf aufgrund der verfassungsmässig garantierten Religions- und Kultusfreiheit nicht durch staatliche oder privatwirtschaftliche Regulative vorweggenommen werden. Ein Verbot des islamischen Hijabs käme einem gravierenden Eingriff in die Freiheitsrechte muslimischer Schülerinnen gleich und liesse sich in einer toleranten, freiheitlichen Gesellschaftsordnung nicht rational begründen.
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