Bern, 21.01.2011

(qi) Die Standesinitiative aus dem Aargau (wir berichteten) mit dem Ziel, den islamischen Ganzkörperschleier Niqab aus angeblichen Sicherheitsgründen landesweit zu verbieten, stösst in der staatspolitischen Kommission des Ständerates auf Ablehnung. Für ein solches Verbot gebe es in der Schweiz keinen Anlass.

Das Argument mit der Quantität

Die Verhüllung aus religiösen Gründen stelle demnach in der Schweiz kein Problem dar.  Solche «Erscheinungen» seien hierzulande äusserst selten. Dies teilten am Freitag die Parlamentsdienste im Namen der Kommission mit.

Die Kommission ist überzeugt, dass die gesetzlichen Grundlagen für punktuelle Einschränkungen, so z.B. im Umgang mit Behörden, insbesondere aber bei Grenz- und Personenkontrollen, wo die zweifelsfreie Identifikation der Klientin zu rechtfertigen ist, bereits ausreichten.

Verbot wäre nicht «verhältnismässig»

Gemäss heute geltendem Recht könne Personen bereits verboten werden, ihr Gesicht zu verhüllen, wenn sie mit Behörden in Kontakt treten wollen oder eine öffentliche Schule besuchen. Aus diesen Gründen bezweifelt die Mehrheit der SPK die Verhältnismässigkeit eines Niqabverbots und empfiehlt dem Ständerat mit 8 zu 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen, die Standesinitiative abzulehnen.

Die Aargauer verlangten in dem 2010 eingereichten Begehren, dass die Bundesversammlung die gesetzlichen Grundlagen erarbeite, um gesichtsverhüllende Kleidungsstücke untersagen zu können. Dieser klar auf den Niqab abzielende Vorstoss fordert ein völliges Verhüllungsverbot, die zwar für jede Form der Vermummung gelten soll, Winterbekleidung, Fasnachtsmasken und Ähnliches jedoch davon ausnehme.

Gesetzgeber bisher ablehnend gegen Schleierverbote

Im letzten Jahr haben bereits mehrere Kantonsparlament Niqab- oder Hijabverbote abgelehnt. Zuletzt verwarf im Oktober 2010 das Freiburger Kantonsparlament einen Vorstoss, der ein Hijabverbot an Schulen forderte. Im Januar 2010 lehnte das Zürcher Kantonsparlament einen Vorstoss ab, der neben dem Hijabverbot an Schulen auch die zwingende Teilnahme am Schwimmunterricht forderte.

Für Aufregung sorgte der St. Galler Erziehungsrat, der den Schulen empfahl, den Schülerinnen das Tragen von Hijabs zu verbieten. Dieses Ansinnen konnte er aufgrund seines inhärenten Widerspruchs zur Religionsfreiheit in der Bundesverfassung nicht durchsetzen (wir berichteten).

Quelle: NZZ Online, Die vorhandenen Gesetze reichen aus, 21.01.2011.

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