24.06.2025
Die Entfernung der Schamhaare (arabisch: iḥfāʾ al-ʿāna) gehört zu den empfohlenen Hygienehandlungen der fiṭra, wie sie in den überlieferten Aussagen des Propheten ﷺ genannt wird. Muslimische Männer und Frauen sollen diese Pflege regelmäßig vornehmen, spätestens alle vierzig Tage. Der Prophet ﷺ zählte sie neben dem Nägelschneiden und Achselhaarrasieren zu den natürlichen Reinigungsgewohnheiten der Gläubigen¹. Dabei betonen die Gelehrten einstimmig, dass die Intimzone – die sogenannte ʿawra muġallaẓa – grundsätzlich nicht vor anderen entblößt werden darf, selbst nicht vor Personen gleichen Geschlechts, außer in Fällen zwingender Notwendigkeit.
Das eigenständige Entfernen der Schamhaare ist daher die islamische Norm. Die Beauftragung einer fremden Person – sei es eine Kosmetikerin, Freundin oder Bekannte – widerspricht dem Prinzip der ḥayāʾ (Schamhaftigkeit) und der Wahrung der Intimsphäre. Ibn Qudāma (gest. 620/1223) schreibt hierzu: „Das Entblößen der Schamzone ist grundsätzlich verboten, außer bei medizinischer Notwendigkeit, wie etwa einer schwer heilenden Wunde.“² In den klassischen Werken wird zudem betont, dass sogar unter Frauen das Gebiet zwischen Nabel und Knien nicht betrachtet oder entblößt werden darf, solange kein therapeutisches Erfordernis vorliegt³.
Das weitverbreitete Brazilian Waxing im Kosmetiksalon, bei dem die Kundin ihre gesamte Intimregion vor einer fremden Frau entblößt, gilt nach überwiegender Meinung der Gelehrten als islamisch unzulässig. Der Prophet ﷺ sagte: „Ein Mann soll nicht den Schambereich eines anderen Mannes sehen, und eine Frau nicht den einer anderen Frau.“⁴ Dieses Verbot wird nicht relativiert dadurch, dass es sich um Personen gleichen Geschlechts handelt. Der Schutz der ʿawra gilt unabhängig vom Geschlecht der anwesenden Person.
Eine Ausnahme kann vorliegen, wenn es sich um einen medizinisch notwendigen Eingriff handelt – etwa bei Hauterkrankungen, starken Entzündungen oder extremer Behaarung mit nachweislichem Leidensdruck. Auch körperliche Einschränkungen wie Lähmung, extreme Fettleibigkeit oder eine Hochrisikoschwangerschaft können eine Fremdhilfe rechtfertigen – jedoch nur unter strengsten Bedingungen: Die helfende Person muss vertrauenswürdig sein, darf nur das Nötigste sehen, und die Handlung darf keinerlei Lustkomponente beinhalten. Das Ziel ist in solchen Ausnahmefällen ʿilāǧ (Behandlung), nicht kosmetische Optimierung.
Eine besonders sensible Situation stellt die dauerhafte Haarentfernung per Laser dar. Wird diese durch eine Ärztin vorgenommen, gelten dieselben Maßstäbe: Nur wenn ein triftiger medizinischer Grund vorliegt (z. B. chronische Hautirritationen, krankhafter Haarwuchs), wäre eine begrenzte Entblößung zulässig. Reine Ästhetik („glatte Haut aus Modegründen“) rechtfertigt dies nicht. Einige Gelehrte raten in solchen Fällen, dass die Patientin das Gerät unter Anleitung selbst anwendet, ohne dass die behandelnde Person den Intimbereich sieht.
Innerhalb der Ehe jedoch besteht kein Schamgebot zwischen den Partnern. Eheleute dürfen sich gegenseitig bei der Intimpflege unterstützen, wenn sie beide einverstanden sind. In Fällen, in denen eine Frau aus gesundheitlichen oder körperlichen Gründen Schwierigkeiten hat, ihre Schamhaare selbst zu entfernen, ist es besser, wenn ihr Ehemann dies übernimmt als eine fremde Person. Diese Pflege innerhalb der Ehe ist islamisch legitim und kann sogar ein Ausdruck gegenseitiger Fürsorge sein.
Fazit:
Die Pflege der Schamhaare gehört zur religiösen Körperhygiene und sollte grundsätzlich eigenständig vorgenommen werden. Das Delegieren dieser Aufgabe an Fremde ist nur im Fall echter Notlage gestattet – medizinisch oder funktional begründet. Dienstleistungen wie Brazilian Waxing im Kosmetikstudio, bei denen eine Frau sich vollständig entblößt, sind islamisch nicht erlaubt, da sie gegen den Schutz der ʿawra, das Prinzip der Schamhaftigkeit und den sittlichen Rahmen verstoßen. Das eigene Schamgefühl und die Würde sind in der islamischen Ethik höher zu bewerten als makellose Ästhetik. Es gibt heute zahlreiche Hilfsmittel zur Selbstanwendung, die muslimische Frauen nutzen können, ohne ihre Intimsphäre zu kompromittieren.
Endnoten:
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