Wird die Versammlungsfreiheit für Muslime nun ausgehebelt?
Wird die Versammlungsfreiheit für Muslime nun ausgehebelt?

Der Oberamtmann des Saanenbezirks verweigert dem Islamischen Zentralrat die Bewilligung für seine Jahreskonferenz 2014 im Forum Fribourg. Der Rat bezweifelt die rechtliche Stichhaltigkeit des Entscheids und spricht seinerseits von Behördenwillkür und Islamophobie. Er kündigt eine superprovisorische Beschwerde an.

Kommuniqué 11112014-0100

Der Islamische Zentralrat Schweiz (IZRS) hat heute Morgen mit Bestürzung zur Kenntnis genommen, dass der Oberamtmann des Saanebezirks Fribourg, Carl-Alex Ridoré (SP), die Bewilligung (Patent K) für die Jahreskonferenz 2014 im Forum Fribourg unter fadenscheiniger Begründung verweigert hat.

a.) Im elf Seiten mächtigen Entscheid wird einerseits moniert, der IZRS hätte zur ursprünglich klar als vorläufig deklarierten Referentenliste fortlaufend neue Gäste hinzugefügt. Es wird die Befürchtung geäussert, dass sich ein Gastredner nicht an die Schweizer Rechtsordnung halten könnte.

b.) Andererseits wird aufgrund der allgemeineren „Weltlage“ von einer drohenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgegangen.

Der Islamische Zentralrat plant mit Fribourg 2014 bereits zum vierten Mal innert seiner fünfjährigen Existenz die Jahreskonferenz. 2011 fand sie in Biel, 2012 in Fribourg und 2013 in Genf statt. Jedes Mal kam es zwar im Vorfeld zu teilweise negativen Berichten, zweimal verweigerte der Bund auch die Einreise je eines Predigers. In allen Fällen war die Zusammenarbeit zwischen den Behörden und dem Organisationskomitee des IZRS immer gut und wurde auch im Nachhinein jeweils gelobt. Selbst dann, wenn es zu Einreisesperren und damit verbunden zu Redeverboten kam, hielt sich der IZRS immer streng an die Auflagen der Behörden. In zwei Fällen (Biel, 2011 und Fribourg 2012) wurden die Veranstaltungen von kleineren Kundgebungen begleitet. In beiden Fällen verliefen diese ohne Zwischenfälle.

Dass Referentenlisten bis kurz vor der Veranstaltung jeweils aktualisiert werden, entspricht der langjährigen Praxis und wurde auch 2012 mit den Fribourger Behörden so gehandhabt. Jede Änderung wurde jeweils bevor sie das OK zur Publikation freigab, den Behörden schriftlich mitgeteilt, was auch im Entscheid konzediert wird.

Islam als diffuse Gefahr für die öffentliche Sicherheit

Der Oberamtmann redet im Verlauf des Entscheids eine diffuse Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung herbei. Er verpasst es aber, eine konkrete und imminente Bedrohungslage glaubwürdig aufzuzeigen. Vielmehr stützt er sich auf ein negatives Vorgutachten der Kantonspolizei, welche ihrerseits von einer „bedrohlichen Weltlage“ spricht und sich auf Aussagen in einem Artikel der Pendlerzeitung 20-Minuten stützt.

Im Entscheid fehlt es durchwegs an einer nachvollziehbaren und rechtlich wasserdichten Begründung, weshalb dem IZRS die Durchführung seiner Jahreskonferenz nicht gestattet werden soll. Soweit in der Schweiz immer noch das grundsätzliche Recht auf freie Meinungsäusserung und freie Versammlung besteht, erscheint der Entscheid als schwach begründet bis willkürlich. Nach fünf Jahren Bestehen des IZRS hat die Erfahrung gezeigt, dass kein einziger seiner Referenten allen Unkenrufen zum Trotz jemals gegen die Schweizer Rechtsordnung verstossen hätte. Vielmehr zeigt der Entscheid einmal mehr die Wirkung der immer stärker um sich greifenden Islamophobie. Wider alle positiven Erfahrungen in den vergangenen Jahren geht der Oberamtmann neuerdings a priori davon aus, dass muslimische Referenten eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellten. Die grundsätzliche Unschuldsvermutung gilt im Saanenbezirk offenbar für Muslime nur noch eingeschränkt.

Unfaire und fadenscheinige Rhetorik

Der Islamische Zentralrat erachtet die Argumentation hinter dem Entscheid als fadenscheinig und unfair. Gerade in Fribourg, wo bereits 2012 in engem Austausch mit den Behörden eine erfolgreiche Jahreskonferenz durchgeführt worden war, konnte mit einem negativen Entscheid nicht gerechnet werden. Dass der Entscheid zudem so knapp vor der Veranstaltung gefällt wird, obwohl die „unsichere Weltlage“ auch bei grösster Phantasie nicht als eine Entwicklung der letzten Tage gedeutet werden kann, erscheint dem Organisationskomitee als zusätzliche Schikane, wohl um ein gerichtliches Vorgehen zu erschweren.

Der Islamische Zentralrat geht davon aus, dass der Entscheid rechtlich nicht haltbar sein dürfte und hält am Veranstaltungsort und Datum fest. Gegen den Entscheid reicht er bereits morgen Mittwoch beim Kantonsgericht Fribourg eine superprovisorische Beschwerde ein und hofft auf eine zügige und faire Prüfung des Anliegens.

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