Bern, 05.04.2011

weltwoche_192010(qi) Zwar anerkenne der Presserat das Recht der Medien, am Islam wie auch an allen anderen Religionen fundamentale Kritik zu üben. Doch dürfe ein Medium einen solchen Meinungsartikel nicht mit beliebigen  Archivbildern aus einem ganz anderen Kontext illustrieren.

«Die Weltwoche» hatte in ihrer Ausgabe 19/2010 einen islamkritischen Artikel mit einem verkürzten Teilzitat aus dem Qur‘an betitelt: «Tötet sie, wo immer ihr sie antrefft.» Der Autor, Peter Keller, zog den Schluss, dass «der muslimische Glaube mit Rechtsstaat und Demokratie nicht vereinbar» sei und «konsequenterweise» verboten werden müsste. Entsprechend war auch die Frontseite der besagten Ausgabe mit dem unter zwei verschleierten Frauen stehenden Titel: «Muss der Islam verboten werden», versehen.

Das Hauptbild zum Artikel zeigte einige Muslime, die friedlich auf dem Berner Bundesplatz demonstrierten. Eine der Abgebildeten, deren Gesichter gut erkennbar waren, legte beim Presserat Beschwerde ein ud machte geletend, dass das Bild bereits 2006 auf der friedlichen Kundgebung gegen die dänischen Muhammed-Karikaturen aufgenommen worden sei und erscheine hier aus dem Zusammenhang gerissen.

Presserat billigt Beschwerde

Dieser Argumentation folgte der Presserat in seiner Stellungnahme vom 16. März 2011. Das Hauptbild der «Weltwoche» sei kein Symbolbild gewesen. Zudem hätten die Abgebildeten nicht ihr Einverständnis für eine erneute Veröffentlichung in diesem ganz andern Zusammenhang gegeben.

Wer friedlich für seine Religion demonstriere, müsse nicht hinnehmen, dass sein Bild später als Illustration eines Artikels diene, der diese Religion und damit auch die abgebildete Person als potenziell gewalttätig und verfassungsfeindlich denunziere.

Die negativen Aussagen eines Artikels fielen unweigerlich auf die dazu illustrierten Personen zurück. Und niemand müsse als Sündenbock mit seinem Gesicht für Vorwürfe haften, die weder etwas mit seiner Person, noch mit der Situation zu tun hätten, in der das Bild entstanden sei.

Deshalb stellte der Presserat fest, dass die «Weltwoche» mit der Bildpublikation auch die Privatsphäre der Beschwerdeführerin verletzt habe.

Entscheide des Presserats sind für die betroffenen Verleger nicht bindend. Der Presserat verfügt gemäss eigenen Angaben auch nicht über ein Sanktionsinstrumentarium, um fehlbare Medien in effektiv zur Rechenschaft ziehen zu können.

Quelle: Der Standard, Schweizer Presserat billigt Beschwerde gegen „Weltwoche“, 05.04.2011; Presserat, Nr. 7/2011: Nichtdeklariertes Symbolbild / Persönlichkeitsverletzende Illustration (X. c. «Weltwoche») Stellungnahme des Presserates, 16. März  2011.

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