Thomas Wehrli ist Stv. Ressortleiter Politik bei der Basler Zeitung.
Thomas Wehrli ist Stv. Ressortleiter Politik bei der Basler Zeitung.

Die «Basler Zeitung» veröffentlichte gestern Karfreitag einen Artikel, der den Islam mit dem Dritten Reich auf eine Parallele bringt. Dutzende konsternierte Muslime meldeten sich beim Zentralrat. Zu Recht!

Von Abdel Azziz Qaasim Illi

Pünktlich zu Ostern meldet sich die «Basler Zeitung», die in den letzten Jahren in rechts-bürgerliche Hand gefallen war, in den hetzerischsten Tönen gegen den Islam und die Muslime zu Wort. Thomas Wehrli, «stv. Ressortleiter Politik», traf offenbar den Ton jener, die mit «Political Correctness» aufräumen möchten. Ein gewisser Frank Baumann lobt den Artikel als längst überfälligen Tabubruch, wofür er seinerseits von den Leserinnen und Lesern Bestnoten erhält:

«Endlich sagt einmal jemand offen, was doch jeder weiss, aber sich wegen der übertriebenen Political-Correctness-Doktrin nicht zu sagen getraut. Und wer es doch tut, wird sogleich als xenophob abgestempelt, auch wenn er noch so gut mit Zahlen und logischen Argumenten hantiert. Ich kann nur sagen: Augen auf! Der säkulare Staat ist in Gefahr, auch in Europa.»

Doch was macht es aus, dass Wehrli für seine islamophobe Oster-Hasspredigt derart viel Lob entgegenschlägt? Eine erste Durchsicht des Artikels deutet auf eine Verdichtung rhetorischer Figuren, polemischer Topoi und essentialisierender Vorstellungen hin, wie es selten in der etablierten Schweizer Presse in einem Artikel anzutreffen ist. Als Krönung verlässt der Journalist den Konjunktiv, wechselt flink von der Rolle des Berichtenden in die Rolle des Richters und wieder zurück. Das Resultat: Eine beispiellose Schelte gegen den Islam und die Muslime.

Schuld ist der Qur‘an

Der Artikel gibt zwar oberflächlich vor, seine Kritik richte sich gegen die Christenverfolgung durch «islamistische Extremisten». Diese These scheint Wehrli jedoch selbst nicht zu glauben, wenn er im zweiten Teil des Artikels als eigentliche Ursache die Lehre bestehend aus Qur’an und Sunna ausmacht:

«Ungläubige, diese minderwertigen Kreaturen, diese gottlosen Geschöpfe, gehören bekehrt. Oder ausgelöscht. Erst recht, wenn sie vom einzig «richtigen» Weg abgekommen sind. Das sagt nicht ein Extremist, sondern die Lehre. An rund 200 Stellen im Koran, an etwa 1800 Stellen im Hadith, den Überlieferungen, ist von Verfolgung der Ungläubigen die Rede, von ihrem Tod auch.»

Schuld an allem ist also primär der Qur’an und nicht der Mensch, der ihn interpretiert. Schliesslich sei es «ein gefährlicher Irrtum, zu glauben, die Mehrheit der Muslime sei wegen des Islams friedlich; sie ist trotz dem Islam friedlich», notiert Wehrli im Indikativ – also kein Zitat, sondern seine Meinung.

Dem Islam sei Kraft seiner Lehre eine Neigung zu Hass und Mord inhärent. Und dennoch, so konzedierte er, sei die Mehrheit der Muslime friedlich. Paradox! Natürlich nicht wegen des Islams und seiner Lehre – vielmehr im Gegensatz zu jener.

Wie im Dritten Reich

Nun, da für Wehrli feststeht, dass das Übel im Fundament des Islams angelegt ist, geht er einen Schritt weiter und lässt mit Alice Schwarzer eine betont «unüberhörbare Feministin» zu Wort kommen, «die mit Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz nun wirklich nichts am Hut hat» und der im Artikel angelegten Grundaussage nun in verdichteter Form Ausdruck verleiht:

«Der Koran ist genauso rassistisch wie Hitlers ‹Mein Kampf› und müsste sofort verboten werden».

Subtil und wirksam: Ein Artikel, der sich dem Anschein nach Einschränkungen der Religionsfreiheit der Christen in muslimischen Ländern widmet, legt den Schluss nahe, dass die Lösung des Problems im Verbot der islamischen Lehre liege. Auf in den Kampf der Kulturen? Mit dem Schwarzer-Zitat hat er den Qur’an bereits auf eine Linie mit Hitlers «Mein Kampf» gebracht.
Noch immer ungelöst ist aber das scheinbare Paradoxon um die friedliche Mehrheit der Muslime. Auch hier erhofft er sich über eine geschichtliche Rückblende in die 1930er Jahre die gesuchte Auflösung:

«Doch war das nicht auch im Dritten Reich so? Waren es nicht auch dort die wenigen, welche die vielen kontrollierten, sie ideologisierten und sie letztlich beherrschten?»

Endstation Weltherrschaft 

Zusammengefasst meint Wehrli also, dass von der Lehre des Islams Gefahr ausgehe und zwar eine signifikante. Schaut man genauer hin, so richtet sich jene Gefahr nicht ‚nur‘ gegen Christen in der islamischen Welt, sondern letztlich auch gegen alle Nicht-Muslime im Westen. Mit Referenz auf den deutschen Rechtsextremisten Karl-Michael Merkle aka. «Michael Mannheimer» sei nämlich bereits «eine zu allem entschlossene und gut organisierte Minderheit von drei bis fünf Prozent in der Lage, der Mehrheit einer Gesellschaft ideologisch den Stempel aufzudrücken».

Wonach klingt das? Drei bis fünf Prozent ist der Anteil Muslime, die heute in europäischen Gesellschaften leben. Pikant: Wehrli stellt deren Urheber «Michael Mannheimer» als «deutschen Soziologen» vor und verschweigt damit seiner Leserschaft den ideologischen Hintergrund «einer der führenden Islam-Hasser der Republik», wie ihn der «Stern» Ende 2012 nannte.

Doch was spielt das alles noch für eine Rolle? Einzelfälle gibt es bei Wehrli keine. Er vermutet eine systematische Verschwörung des am «radikalsten ausgeprägten» Gesichts des Islams gegen den Rest der Welt:

«Vertrieben, verbrannt, vernichtet. Wer sagt, das seien alles Zufälligkeiten, wer glaubt, das seien nur Momentaufnahmen, der irrt. Oder will irren. Der Islam, so friedlich er auch dreinblicken kann, hat in seiner radikalsten Ausprägung ein anderes Gesicht. Eine hässliche Fratze ist es, die kein Pardon kennt, die nur eines im Blick hat: die Weltherrschaft.»

Wäre Wehrli ein frustrierter, von der Karfreitagslangeeile geplagter Zeitungsleser, der seinen emotionalen Kommentar soeben auf einem der zahlreichen TA-Blogs hinterlegt hätte, so hätte sich die Abnutzung der Tastatur für einen Kommentar nicht gelohnt. Doch Wehrlis Tiraden wurden gestern Nachmittag in der Onlineausgabe der «Basler Zeitung» veröffentlicht. Die «friedliche Mehrheit» der Schweizer Muslime hat dafür freilich kein Verständnis.

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