24.06.2025
Die Eigenhaartransplantation – bei der körpereigene Haarfollikel (meist vom Hinterkopf) in kahle Stellen verpflanzt werden – gilt nach Ansicht der Mehrheit zeitgenössischer Gelehrter als zulässig (mubāḥ). Der Eingriff dient medizinisch und psychologisch der Wiederherstellung eines natürlichen Zustands und fällt nicht unter das klassische Verbot des waṣl, das auf das Anfügen körperfremder oder unechter Haare zielt. Der Prophet ﷺ sagte: „Allah hat die Haaranfügerin und die, an der angefügt wird, verflucht“ (Muttafaqun ʿalayh) – gemeint war das Anknüpfen fremder Haare zur Täuschung über das Aussehen. 1
Im Gegensatz dazu wird bei der Transplantation eigenes Haar verwendet, das dauerhaft einwächst und somit wieder zur natürlichen Erscheinung der Person wird. Die Gelehrten vergleichen den Eingriff mit dem Beheben eines Defekts (ʿayb) oder dem Wiederherstellen dessen, was natürlicherweise vorhanden war – nicht mit einem rein ästhetischen Eingriff.
Rechtliche Herleitung:
In einem bekannten Hadith (Ṣaḥīḥ al-Buḫārī, Nr. 3464) wird ein Mann erwähnt, der unter Kahlheit litt. Er bat Allah durch den Engel um schönes Haar, worauf ihm dieses gewährt wurde. 2 Gelehrte wie Ibn ʿUṯaymīn leiteten daraus ab, dass das Streben nach Haarwuchs legitim sei, sofern es nicht der bösartigen Täuschung dient. Eine Transplantation sei somit nicht verboten, sondern eher eine medizinische Maßnahme zur Wiederherstellung eines Makels. 3
Auch der Internationale Islamische Fiqh-Rat (IIFA) beschloss 2007, dass Haartransplantationen bei Haarausfall erlaubt sind, insbesondere wenn ein erheblicher Leidensdruck vorliegt.4 Es wurde klargestellt, dass die Maßnahme dem Prinzip des ilāǧ (Behandlung) unterliegt und nicht unter kosmetische Manipulation fällt.
Analogie in der klassischen Fiqh-Tradition:
Obwohl die konkrete Technik der Transplantation zur Zeit der klassischen Gelehrten nicht bekannt war, diskutierten sie verwandte Fälle. So wurde etwa das Einsetzen einer künstlichen Nase aus Gold (z. B. durch Arfaǧa b. Asʿad) erlaubt.5 Auch Zahngold oder Prothesen wurden von den meisten Schulen akzeptiert, sofern sie der Wiederherstellung dienen. Das Einsetzen eigenen, versetzten Haares ist aus dieser Perspektive erst recht unproblematisch – im Unterschied zum Verwenden von fremdem Menschenhaar, das nach der Mehrheit der Gelehrten als unrein (naǧis) oder verboten gilt.
Bedingungen für die Erlaubtheit:
Fazit:
Die Haartransplantation mit eigenem Haar ist im Islam zulässig, sofern medizinische und ethische Bedingungen eingehalten werden. Sie wird nicht als unzulässige kosmetische Veränderung, sondern als legitime Therapie zur Wiederherstellung eines natürlichen Körperzustandes verstanden. Wer unter Haarausfall leidet, darf daher eine Eigenhaartransplantation durchführen lassen – sowohl Männer als auch Frauen, solange dies ohne bösartige Täuschung und auf sichere Weise geschieht. Das Verbot des waṣl bezieht sich auf künstliche oder fremde Haarteile und ist hier nicht einschlägig.
Endnoten:
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