Bern, 12.1.2010

circumcision_jesus(qi) Ein Positionspapier der Grünen sorgt zurzeit sowohl innerhalb der Partei, wie auch bei der jüdischen und muslimischen Glaubensgemeinschaft für Irritation. Diego Hättenschwiler, Delegierter der Berner Grünen schlägt vor, man müsse neben der ohnehin bereits gesetzlich verbotenen Genitalverstümmelung bei Mädchen nun auch die Beschneidung der Knaben offen diskutieren. Hättenschwiler begründete seinen umstrittenen Vorstoss gegenüber dem Tages-Anzeiger mit „medizinischen und rechtlichen“ Bedenken. „Eine Zirkumzision berge durchaus Risiken, es sei dabei gar schon zu Todesfällen gekommen, sagt Hättenschwiler. Zudem sei das Recht eines jeden Kindes auf seine körperliche Unversehrtheit zu berücksichtigen. Unter diesem Aspekt seien Beschneidungen an Säuglingen, die ihr Einverständnis dazu nicht geben können, heikel.“ Die Gesellschaft müsse auch diese Frage diskutieren, glaubt Hättenschwiler.

Dass er mit seinem Vorstoss in jüdischen und muslimischen Kreisen keinen Applaus erntet, dürfte den Berner Historiker nicht erstaunen. Während die Genitalverstümmelung bei Mädchen, welche in gewissen Kulturen noch immer praktiziert wird, in offenem Widerspruch zur islamischen Normativität (iN) steht, ist die Beschneidung der männlichen Vorhaut eine durch die Prophetentradition sanktionierte Glaubenspraxis aller Muslime. Der Gefährte Abu Huraira (ra) überliefert, dass der Prophet (saws) der fitra (arab. Naturzustand des Menschen) folgende fünf Eigenschaften zugeschrieben hatte: Beschneidung, Entfernen der Schamhaare, Kürzen der Finger- und Fussnägel, Zupfen der Achselhaare und Kürzen des Schnurrbarts. (Sahih Muslim).

Indes regt sich auch innerhalb der Partei Ungemach. Neben der Beschneidungsdebatte habe der Vorstand auch Themen wie Frauenquoten für Verwaltungsräte und ein Militärdispens für Männer mit Betreuungspflichten ins Positionspapier aufgenommen. Ausserdem wird eine Intensivierung der Forschung in den Bereichen: Gender-Fragen allgemein, über die Lebenssituation von Männern oder die unterschiedlichen Folgen des Klimawandels auf die Geschlechter gefordert.

Mit dieser Themenwahl sind nicht alle Parteigenossen einverstanden. Von Seiten der Zürcher Kantonalsektion etwa hagelt es schroffe Kritik: «Es ist veraltet und wirkt verstaubt und überholt», so die Co-Präsidentin Jeanine Kosch. „Viele Punkte entsprächen einem Feminismus der 68er-Jahre, der heute überholt sei. Zudem ist den Zürchern das Papier zu wirr und zu ungeordnet.“ Aus diesem Grund verlangt Kosch die komplette Zurückweisung des Papiers.

Quelle: „Die Beschneidung von Knaben muss offen diskutiert werden.“, Tages-Anzeiger, 12.1.2010.

Wussten Sie, dass auch Jesus (as) beschnitten war?

Jesus (as) wurde in einem jüdischen Kontext aufgezogen. Dazu gehörte auch die Beschneidung, welcher er sich als Säugling unterzog. Siehe dazu Lukas 2,21. Seit dem 4. Jh. feiert die Ostkirche daher das „Fest der Beschneidung des Herrn“. In der anglikanischen, orthodoxen, syrisch-orthodoxen und syro-malabarischen Kirche wird diesem Fest heute noch jeweils am 1. Januar gedacht. Praktiziert wird die Beschneidung derweil noch von orientalischen, vor allem koptischen, Christen. Im westlichen Christentum spielte die Praxis nie eine Rolle.

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Veröffentlicht am: 12. Januar 2010
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