Der Islamische Zentralrat Schweiz (IZRS) verfolgt die jüngsten Spannungen in der Golfregion mit Sorge und Wehmut. Er rät den beteiligten GCC-Staaten, ihre Souveränität gegenseitig zu respektieren, die Krise am Verhandlungstisch zu lösen und begrüsst alle vermittelnden Anstrengungen, die zu einem raschen Abbau der Spannungen führen.

Kommuniqué 08062017 – 0147

Die durch Saudi-Arabien, die Emirate und ihre Verbündeten verhängte Blockade gegen Katar hat das Potential, den GCC-Zusammenhalt zu schwächen oder gar bleibend zu beschädigen, was nicht im Interesse der jeweiligen Bevölkerungen und schon gar nicht im Interesse der islamischen Weltgemeinschaft sein kann. Es sei daran erinnert, dass die Blockade nicht nur den Handel, den Flugverkehr und die Pilgerfahrt, sondern auch das grenzübergreifende Familienleben katarischer- und saudischer Bürger beeinträchtigt – und dies just im ersten Drittel des Fastenmonats Ramadan.

Der Islamische Zentralrat versteht, dass die aktuellen Spannungen hinsichtlich ihrer Struktur nicht neu sind. Katar und die Türkei verfolgen eine grundsätzlich andere Vision als Saudiarabien und die Emirate, wie die islamische Welt in Zukunft politisch und gesellschaftlich ausgestaltet sein soll. Saudiarabien vertritt im Nachgang an den Arabischen Frühling eine Politik der Restauration, wobei alte, dem Königreich loyale Herrschaftsstrukturen zurück an die Macht gebracht werden sollen, um auf diese Weise den Mittleren Osten zu befrieden. Dagegen vertritt die katarisch-türkische Linie eine Vision der Veränderung, weg von den alten Herrschaftsstrukturen, hin zu etwas grundsätzlich Neuem, wobei Politik stärker von der Bevölkerung mitgestaltet werden soll.

Der Islamische Zentralrat versteht, dass Veränderung hin zu einem freiheitlicheren politischen System seit 2011 ein unverkennbarer Wunsch vieler Araber ist. Die Rückkehr zum status quo ante, wie etwa in Ägypten nach dem Sturz des ersten freiheitlich gewählten Präsidenten Muhammad Mursi, brachte keine Stabilität, sondern vielmehr eine Zunahme terroristischer Attentate sowie eine katastrophale Wirtschaftskrise.

Der IZRS befürchtet, dass jedes Ausweiten dieser Krise überregionalen Akteuren die Türe öffnet, um die beiden Parteien gegeneinander auszuspielen und sie letztlich in ihre Abhängigkeit zu manövrieren.

Die Rolle der Gelehrten

Der Islamische Zentralrat bedauert, dass das islamische Gelehrtenestablishment sich zunehmend für die politischen Interessen ihrer jeweiligen Herrscher einspannen lässt. Damit büssen Sie weiter an Glaubwürdigkeit ein, was der Erosion ihrer Autorität und damit verbunden einem gefährlichen normativen Nihilismus Vorschub leistet.

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