Der Islamische Zentralrat Schweiz verwirft die durch die «Servus Nachrichten» erhobenen Anschuldigungen gegen Nora Illi und verurteilt die tendenziöse Berichterstattung des Formats. In der heutigen Sendung «Servus Nachrichten» des österreichischen Senders «Servus TV» wurden diverse Vorwürfe gegen Nora Illi im Zusammenhang mit einer privaten Diskussion mit anderen Musliminnen während ihres Wien-Aufenthalts am 19. November 2017 erhoben, welche falsch sind und in der folgenden Gegendarstellung berichtigt werden sollen.

Kommuniqué 01122017 – 0153

  1. «Servus Nachrichten» behauptet, bei den gezeigten Ausschnitten handle es sich um Auszüge aus einer Rede von Frau Illi. Korrekt ist, dass es sich dabei aber um heimliche und ohne Wissen der anwesenden Frauen gemachte Mitschnitte einer privaten Unterhaltung von Frau Illi mit mehreren Musliminnen in Österreich handelt. Zwar hat Frau Illi tatsächlich auch einen Vortrag in einer österreichischen Moschee gehalten, dies aber bereits am 18. November 2017.Eine Strafanzeige gegen den oder die Verantwortlichen für die Aufnahme, Weitergabe und Veröffentlichung der Mitschnitte dieses Gesprächs wegen Verletzung des § 120 StGB wird derzeit geprüft.
  2. Frau Illi wird vorgeworfen, sich gegen den Rechtsstaat ausgesprochen und gesagt zu haben, die hiesigen Gesetze seien nur für «Ungläubige» und Muslime müssten sich nicht an diese halten. Dabei muss zunächst einmal darauf hingewiesen werden, dass die gefilmte Aussage vollständig aus dem Kontext gerissen worden ist. Korrekt ist nämlich, dass Frau Illi als Replik auf einige Musliminnen, welche die Nutzung juristischer und zivilgesellschaftlicher Mittel durch Muslime als «kufr» kritisierten, angemerkt hat, dass es eben nicht möglich ist, sich an einen Teil der jeweils geltenden Gesetze zu halten und den anderen als «kufr» (Anm. nur für die Ungläubigen) zu bezeichnen. Wenn besagte Musliminnen nun also die Anwendung juristischer und zivilgesellschaftlicher Mittel zur Verteidigung der Rechte von Muslimen als «kufr» auffassen würden, müssten sie konsequenterweise auch alle anderen Gesetze des Staates, in dem sie leben, ablehnen und missachten, was selbstverständlich nicht der Fall und auch ganz und gar unmöglich ist.Dass Frau Illi nicht die ihr unterstellte Haltung gegenüber dem Rechtsstaat einnimmt, belegt auch ein Zitat aus ihrem Vortrag vom 18. November 2017: «Wir setzen uns nicht gegen den Staat ein, sondern wir setzen uns ganz klar für unsere Grundrechte und Religionsfreiheit ein, die uns der Staat eigentlich auch garantiert.». In diesem Vortrag bezieht sich Frau Illi weiter mehrere Male auf das Grundrecht, die Verfassung und darauf, dass es gut und richtig ist, sich auf den durch die Grundrechte gegebenen Wegen und mit dem Mittel des zivilen Ungehorsams für die grundlegenden Freiheiten des Einzelnen innerhalb des rechtlichen Rahmens eines demokratischen Staates einzusetzen.
  3. Des Weiteren wird der Begriff «Fitna», welchen Frau Illi hinsichtlich unterschiedlicher Bestrebungen, die islamische Normativität durch eine sogenannten «Liberalisierung» des Islams zu verändern, fälschlicherweise als «Bürgerkrieg» übersetzt. Diese Interpretation ist sprachlich inkorrekt – das arabische Substantiv fitna bezeichnet Zwietracht, vor allem innerhalb der muslimischen Gemeinschaft – und legt eindeutiges Zeugnis für die Zielsetzung der Sendung ab: die klar intendierte Desinformation des Zuschauers. Frau Illi verurteilt jede Form des Zwiespalts und der Zwietracht, sei es innerhalb der muslimischen Gemeinschaft oder im Gesamtkontext einer pluralistischen Gesellschaft. Gleichzeitig betont sie aber das Recht und die Pflicht eines jeden, unabhängig von dessen Herkunft oder religiösen Orientierung, sich gegen Diskriminierung und selektive Beschränkung von freiheitlichen Rechten mit juristischen und zivilgesellschaftlichen Mitteln innerhalb des Rahmens des Rechtsstaates zur Wehr zu setzen.
  4. Es ist nicht richtig, dass Frau Illi für eine Stellungnahme nicht erreichbar war, vielmehr gab es einen einzelnen Anruf von «Servus Nachrichten». Weder auf den Rückruf von Frau Illi, noch auf eine E-Mail an den Sender wurde daraufhin reagiert. Es liegt weder im Interesse von Frau Illi, noch im Interesse des Islamischen Zentralrats Schweiz, gegen die erhobenen Vorwürfe keine Stellung zu beziehen, wie gerade diese Gegendarstellung unterstreicht.

Tendenziöse Berichterstattung und übersteigerte Forderung

Man kommt nicht umhin anzunehmen, dass «Servus Nachrichten» mit seiner dekontextualisierten Berichterstattung bewusst ein falsches Bild der Realität zu zeichnen versucht hat. Gegen diese Darstellung ihrer Person und ihrer Haltung, aber auch gegen diese eklatante Vernachlässigung der journalistischen Sorgfaltspflicht durch die Verantwortlichen möchte sich Frau Illi mit dieser Gegendarstellung aussprechen. Übersteigerte Forderungen nach einem Einreiseverbot, wie durch den für seine offen feindselige Haltung gegenüber Frau Illi bekannte Herrn Dönmez, legen Zeugnis darüber ab, wie «Servus Nachrichten» durch seine Arbeit den gesellschaftlichen Frieden gefährdet.

Bedauernswerte Haltung des IGGÖ

Derweilen hat sich auch die IGGÖ zu Wort gemeldet und mit ihrer Stellungnahme gegen die eigene Forderung nach Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Pluralismus und Menschenrechte verstossen, für die Frau Illi sich – entgegen der konstruierten Vorwürfe – stets einsetzt und auch im Rahmen ihres Aufenthalts in Österreich eingesetzt hat. Darüber hinaus entschliesst sich die IGGÖ mit diesem Statement auch dazu, einen innerislamischen Pluralismus nicht zu tolerieren und sich, anstatt das Gespräch mit den Beteiligten zu suchen, um den tatsächlichen Sachverhalt zu klären, auf die Berichte Dritter zu stützen.

Der Islamische Zentralrat bedauert die schwache Haltung des IGGÖ und verurteilt dessen unbegründeten Angriff auf Nora Illi. Der Islamische Zentralrat Schweiz ermahnt Muslime zu mehr Skepsis im Umgang mit tendenziösen Medienberichten und zu mehr Zusammenhalt und Solidarität gegen die grassierende Islamophobie.

 


Originalausschnitt offizielle Ansprache Nora Illi/Wien 18.11.2017

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Veröffentlicht am: 1. Dezember 2017
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