Bern, 26.02.2011

(qi) Köppels Wochenmagazin «Die Weltwoche» hatte im Vorfeld der Anti-Minarett Abstimmung nicht gerade durch sachliche Thematisierung der Vorlage brilliert. Insbesondere im Editorial der Ausgaben 43 und 47 wütete Köppel gegen den Islam und pries die Initiative als zweckmässiges Mittel zur Eindämmung einer «politreligiösen Eroberungsideologie». Ausserdem hätten Muslime eine «unerfüllte Sehnsucht nach politischer Machtergreifung». In derselben Tonlage äusserte er sich am 16. November in der Sendung «Talk Täglich» auf Tele Züri. Die Juso fühlte sich in der Folge berufen, Strafanzeige wegen Verdachts auf Zuwiderhandlung gegen die Antirassismusstrafnorm (Art. 261bis StGB) mit der Begründung zu erstatten, Köppel schüre gezielt diffuse Ängste und stigmatisiere Muslime.

Die Zürcher Staats­anwaltschaft beurteilte die Aussagen Köppels indes anders und stellte das Verfahren bereits Ende Januar ein, wie die Verfügung, die 20 Minuten exklusiv vorliege, bestätigt. Demnach spreche der rechtsbürgerliche Verleger den Muslimen die Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit als menschliche Wesen nicht ab, so die Begründung. Auch werde nicht behauptet, alle Muslime seien «Islamisten» und daher für die von «Islamisten» verübten Gräueltaten mitverantwortlich.

«Der Entscheid ist nicht nachvollziehbar», findet Fabian Molina, Co-Präsident der Juso Zürich. Er zeige, dass in der Schweiz Fremdenfeindlichkeit salonfähig werde – auch weil sie von der Justiz toleriert werde. Roger Köppel interpretiert den Ausgang des Verfahrens freilich etwas anders: «Die Juso-Anzeige war verrückt. Immerhin wenden unsere Gerichte den verfehlten Antirassismus-Paragrafen massvoll an. Trotzdem gehört er abgeschafft. Er behindert die freie Meinungsäusserung.» Der Verleger lädt die Juso ein, ihre Standpunkte künftig in der «Weltwoche» zum Ausdruck zu bringen – «statt gleich zum Richter zu rennen». Die Juso äusserte sich noch nicht zu einer möglichen Beschwerde gegen den Entscheid.

Laxe Auslegung des Art. 261bis in Zürich

Der Islamische Zentralrat Schweiz (IZRS) hat Kenntnis von mindestens zwei weiteren Strafverfahren, die durch die Zürcher Staatsanwaltschaft mit eben derselben Begründung eingestellt wurden. In ihrer Argumentation fokussiert sie fast ausschliesslich auf die Frage, ob ein Autor dem Muslim seine Subjektivität, sein Menschsein abspreche. Der Artikel erfasst allerdings im Wortlaut nicht nur die Menschenwürde, sondern auch den Aufruf zu Diskriminierung, die systematische Herabsetzung oder Verleumdung wegen Rasse, Ethnie oder Religion. Tatsächlich stellt sich die Frage, wie die Zürcher Staatsanwaltschaft mit Herrn Köppel verfahren wäre, hätte er gleiches den jüdischen Mitbürgern unterstellt.

Quellen: 20 Minuten, Roger Köppel freigesprochen, 24.02.2011. Und: Swissinfo.ch, Juso Kanton Zürich zeigt Weltwoche-Chefredaktor Roger Köppel an, 17.12.2009.

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