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Investieren oder ständig broke? Eine Frage der Bildung und Disziplin!
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19.11.2025

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Investieren oder ständig broke? Eine Frage der Bildung und Disziplin!

Dieser Artikel erklärt, warum frühe Finanzbildung für Jugendliche in Europa heute entscheidend ist – besonders für Muslime, die nicht von Zinskrediten abhängig sein sollten.

Von Abdel Azziz Qaasim Illi (MBA)

Finanzielle Bildung sollte längst keine elitäre Disziplin mehr sein. Sie ist im Konsumzeitalter eine unerlässliche Lebenskompetenz. Eine Fähigkeit, deren Fehlen nicht nur zu Schulden, Stress oder verpassten Chancen führt, sondern auch zu strukturellen Nachteilen, die sich über Jahrzehnte hinweg aufbauen. Besonders für junge Menschen, und insbesondere für muslimische Jugendliche, die in einem überwiegend zinsbasierten globalen Finanzsystem ihren eigenen ethischen Weg finden müssen, stellt finanzielle Bildung ein Schlüsselwerkzeug dar: für Selbstbestimmung, für Resilienz und für Zukunftssicherheit.

Früh anfangen – Zeit ist Geld

Zahlreiche Studien zeigen, dass Menschen, die früh beginnen zu sparen und zu investieren, im Erwachsenenalter finanziell signifikant besser gestellt sind als jene, die zu lange damit warten. Die OECD hält fest, dass Finanzkompetenz entscheidend dafür ist, wie erfolgreich Individuen langfristig Vermögen aufbauen. Eine OECD-Analyse (2023) weist darauf hin, dass junge Erwachsene weltweit die geringsten Kompetenzen in finanzieller Entscheidungsfähigkeit aufweisen.

Die PISA-Studie 2022 zur finanziellen Grundbildung liefert ebenso deutliche Zahlen: 

Diese Daten untermauern einen einfachen Satz, den erfolgreiche Anleger schon lange kennen:  “Wer früh beginnt, profitiert exponentiell – wer spät beginnt, kämpft für lineare Fortschritte.”

Viele Menschen stellen erst mit vierzig, fünfzig fest, dass sie zwar hart gearbeitet, aber kaum Vermögen gebildet haben. Warum? Weil sie entweder gar nie ans Sparen dachten oder zwar sparten aber ohne das Geld zu investieren, was durch die Inflation zu einem fortlaufenden Wertverlust des Angesparten führt. Der Franken von heute entspricht eben nicht dem Franken von morgen.

Von Taschengeld zum ETF: Die frühen Gewohnheiten entscheiden

Jugendliche, die früh lernen, ihr Taschengeld bewusst zu nutzen – ein Teil zum Konsum, ein Teil zum Sparen, ein Teil als halâl-konforme Anlage – entwickeln ein sogenanntes Investor-Mindset. Dadurch verstehen sie schon früh:

Ein besonders wichtiger Punkt betrifft den sogenannten Zinseszinseffekt (Compounding Effect). Dieser Begriff führt leicht in die Irre, weil er das Wort „Zins“ enthält, jedoch nicht zwingend einen verbotenen Riba-Zins meint.

Im haram-Sinne entsteht Zinseszins, wenn z.B. auf Bankguthaben Ribazinsen generiert werden und diese im Folgejahr erneut verzinst werden. Da in der Schweiz derzeit viele Bankkonten Nullzinsen aufweisen, tritt dieser Effekt momentan ohnehin kaum auf – aber er wäre islamisch kritisch, sobald er auf Ribâ basiert.

Der Begriff „Zinseszins“ beschreibt jedoch mathematisch nur den Effekt, dass Gewinne selbst wieder Gewinne erzeugen. Und genau dieser Mechanismus existiert auch im vollkommen halal-konformen Bereich, z. B. durch:

In diesem Fall handelt es sich nicht um „Zins von Zins“, sondern – bildlich gesprochen – um „Dividende von Dividende“, also um Reinvestition realwirtschaftlicher Unternehmensgewinne. Das ist völlig halal und es ist, um die Metaphorik Warren Buffets zu bemühen, einer der stärksten Motoren für langfristigen Vermögensaufbau.

Damit ist klar: Der Zinseszinseffekt ist nicht per se haram. Haram ist allenfalls die Quelle des Gewinns – nicht die mathematische Wachstumslogik.

Vermögensaufbau ohne Zins

Während viele Menschen in Europa mit 40 oder 45 ein Haus kaufen – meist über Hypothek –, ist dieser Weg für Muslime halâl selten möglich. Wer keine Zinsen zahlen möchte, braucht eines: Eigenkapital. Viel Eigenkapital.

Das heisst ganz praktisch:

Gerade darum ist frühe finanzielle Bildung im muslimischen Kontext doppelt wichtig. 

Ein hervorragender allgemeiner Einstieg in dieses Thema liefert übrigens das Buch „Islam, Geld und Wohlstand“ von Michael Gassner, das leicht verständlich erklärt, wie islamische Finanzethik funktioniert und wie man sich trotz zinsbasiertem Finanzsystem strategisch und halâl-konform positioniert. Das Buch zeigt: Es gibt Wege – aber sie erfordern Basiswissen, Planung und vor allem Disziplin.

Schutz vor Betrug: Warum Unwissen die teuerste Option ist

Junge wie Alte sind zunehmend Zielscheibe für Online-Betrüger, Krypto-Schnellreich-Modelle, MLM-Systeme und Fake-Investment-Coaches. Jene treten immer aggressiver und scheinbar unbehelligt auf und versprechen hohe Renditen und schnelles Geld.

Die OECD warnt ausdrücklich, dass finanzielle Unwissenheit eine der Hauptrisiken für Betrugsvorfälle unter jungen Erwachsenen sei.

Wer die Mechanismen von Risiko, Rendite und Marktdynamik versteht, kann mit diesen Fallen besser umgehen. Wer sie nicht versteht, fällt oft auf diejenigen herein, die genau davon leben.

Wissen macht finanziell frei und schafft Wohlstand

Finanzielle Bildung bedeutet nicht nur, wie man investiert. Es bedeutet:

Und genau hier kommen Bildung, Eltern, Bücher und Seminare zusammen.

Tipp: Practical Islamic Finance Workshop in Zürich

Für all jene, die sich in Sachen islamkonformer Investments professionalisieren möchten, bietet sich ein enorm wertvoller Anlass an: Am Sonntag, 23. November findet in Zürich der „Practical Islamic Finance Workshop“ statt, organisiert zusammen mit Saturna Capital.

Saturna Capital gehört zu den weltweit führenden islamkonformen Fondsgesellschaften und ist bekannt für ihre halâl-konformen ETFs. Diese ETFs ermöglichen es Anlegern, breit diversifiziert und professionell verwaltet zu investieren – ohne Zinsen, ohne harâm-Unternehmen und ohne komplexe Einzelanalyse.

Der Workshop bietet:

Ein solcher Anlass ist für junge Menschen wie auch für Eltern ideal, um Hemmschwellen abzubauen und solide Kenntnisse aufzubauen.

Fazit

Die Zukunft gehört denen, die früh beginnen. Finanzielle Bildung ist kein Luxus. Sie ist unerlässlich. Ein junger Mensch, der mit 15 beginnt, monatlich kleine Beträge langfristig zu investieren, kann mit 35 mehr Kapital haben als jemand, der mit 30 beginnt und dreimal so viel einzahlt. Das ist keine besondere Weisheit, sondern simple Mathematik. Dave Ramsey hat in seinem Buch “Baby Step Millionaire” aufgezeigt, dass mit Disziplin und Ausdauer eigentlich jeder zum Millionär werden kann.

Und für uns Muslime – die mit stärkerer Eigenkapitallast leben, die bewusst auf Zinsen verzichten und die in ethische, echte Werte investieren wollen – ist dieses Wissen nicht nur wirtschaftlich sinnvoll, sondern auch fürs Gewissen beruhigend. Wer hingegen im Glauben lebt, Investieren sei an sich unmoralisch und irgendwie immer mit Zinsen verbunden und deswegen nicht islamisch, der begeht einen sträflichen Fehler, der später nur noch schwer zu korrigieren sein wird.

Wer früh lernt, wie Geld funktioniert, wird kein Sklave des Geldes. Wer früh lernt, wie man investiert, wird später nicht um Kredite bitten müssen. Und wer früh lernt, wie Vermögen wächst, kann ein Leben in Unabhängigkeit, Würde und Wohlstand führen und dazu noch, wie Dave Ramsey stets betont, viel Gutes tun, indem er oder sie grosszügig spendet.

Finanzielle Bildung ist der Schlüssel. Der beste Zeitpunkt dafür war gestern, der zweitbeste ist genau jetzt. 


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