abdia_szDie 29-jährige Muslimin Abida* hat schwere Zeiten hinter sich. Nachdem sie sich für den Hijab entschieden hatte, musste sich sogleich ihren Arbeitsplatz räumen. Ein Gericht gibt ihr nun Recht. Der Fall ist nur ein weiteres Beispiel dafür, dass nicht der Hijab, sondern die islamophoben Vorbehalte die Integration muslimischer Frauen erschweren.

Von Janina Rashidi

Heute berichtet die Sonntagszeitung über den Fall einer jungen Frau, der aufgrund der Ausübung ihrer Grundrechte durch das Tragen das islamischen Hijabs von ihrem Arbeitgeber gekündigt worden ist (hier geht es zum Artikel PDF). Das Gericht hat die Missbräuchlichkeit dieser Kündigung festgestellt und der Betroffenen eine Entschädigung zugesprochen. Was jedoch bleibt, ist das grundsätzliche Problem, für welches dieser Fall symbolisch steht und mit dem man sich gesellschaftlich nur unzureichend, weil einseitig auseinandersetzt.

Gebetsmühlenartig werden die Forderungen, Muslime sollen sich besser integrieren, wiederholt, doch was wir tatsächlich erleben, ist, dass es letztlich nicht die Integration im Sinne einer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Partizipation, sondern eine völlige Anpassung an eine Mehrheitsgesellschaft unter Aufgabe der eigenen Identität, der eigenen Werte, Religion und Kultur ist, welche von Muslimen verlangt wird.

Anstatt Frauen, welche aus religiöser Überzeugung einen Hijab tragen, als selbstverständlichen Teil der Allgemeinheit zu akzeptieren, werden ihnen immer und immer wieder Steine in den Weg gelegt. Dabei liegt das Problem nicht etwa bei den Frauen, welche ihren Platz in Schule, Arbeitswelt und Gesellschaft einfordern und ihre Rechte und Pflichten selbstverständlich wahrnehmen. Das Problem liegt bei all jenen, die nicht bereit sind, eine muslimische Frau als eigenständige, gleichwertige und selbstbewusste Person zu akzeptieren, so lange sie ihren Glauben auch durch die Art, sich zu kleiden, praktiziert. Sie wird unterschätzt, diskriminiert und zum Politikum.

Die muslimische Frau wird zum Symbol, zum Opfer einer sie angeblich bevormundenden chauvinistisch-patriarchalen Religion gemacht, während sie tatsächlich nur das Opfer ihrer in neo-kolonialistischer Manier agierender, selbsternannter Befreier ist, welche sie dazu zwingen wollen, zwischen ihrer religiösen Überzeugung und gesellschaftlicher Partizipation als gleichberechtigte, selbstbestimmte Person auf Augenhöhe zu wählen.

Genau das wird deutlich, wenn Musliminnen aus dem Schulunterricht ausgeschlossen werden oder ihren Arbeitsplatz verlieren, weil sie sich aus religiöser Überzeugung dazu entschliessen, einen Hijab zu tragen. Oder wenn sie trotz tadelloser Qualifikationen gar nicht erst zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen werden, weil das Foto auf ihrem Lebenslauf sie mit Kopftuch zeigt. Aber auch wenn ihnen jene, die angeblich für die Rechte von Frauen kämpfen, verbieten wollen, ein Schwimmbad zu besuchen, solange sie nicht bereit sind, sich bis auf ein Minimum an Stoff zu entkleiden und ihre nackten Körper zu präsentieren, bzw. wenn jungen muslimischen Mädchen von Beginn an deutlich gemacht wird, dass sie sich zahlreiche Berufe aus dem Kopf schlagen können, sollten sie sich dazu entscheiden, sich entsprechend ihres Glaubens zu kleiden. Und nicht zuletzt wenn muslimische Frauen auf den Strassen dieses Landes aufgrund ihres Glaubens beschimpft oder gar physisch angegangen werden.

Nicht der Hijab, sondern die islamophoben Vorbehalte gegenüber seinen Trägerinnen sind es, welche eine Integration muslimischer Frauen in allen Bereichen erschweren oder gar verunmöglichen. Eine Veränderung ist nicht auf, sondern in den Köpfen dringend notwendig.

*Name ist der Redaktion bekannt.

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